Autor Thema: Presse- und Medienstimmen zu WFTSC  (Gelesen 28192 mal)

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Presse- und Medienstimmen zu WFTSC
« am: 01. April 2005, 08:47:44 »
Die britische Popband New Order besinnt sich auf ihre alten Stärken: "Waiting For The Sirens Call" ist eine große, eine erhabene Pop-Platte, die zwar ihre Wurzeln in den 80er-Jahren hat, an der sich aber nicht nur Traditionalisten erfreuen werden. Die legendäre Gruppe aus Manchester ("Blue Monday, "World In Motion"), die einst aus Joy Division hervorging, war im weiteren Verlauf ihrer Geschichte Miterfinder von Synthiepop und Acid House.

Das Comeback, das die Band vor vier Jahren mit "Get Ready" hatte, war eines der bemerkenswertesten der neueren Pop-Geschichte. Die Combo um Bernhard Sumner und Peter Hook setzte nach fast 25 Jahren Bandgeschichte ein Fanal, zeigte, dass sie auch in Sachen Britpop ohne weiteres mithalten konnte und veröffentlichte mit "Crystal" eben eine der schönsten Singles des Jahrzehnts. Kein Wunder, dass man damit auch kommerziell ausgesprochen erfolgreich war.

Auf dem neuen Album überzeugen alle elf Songs. Das beginnt beim Opener, dem frenetischen "Who's Joe", zieht sich über kleine Kunstwerke wie das Bass-infizierte "Hey Now What You Doing" oder die hübsch tanzbare erste Single "Krafty" bis hin zu Stücken wie dem Über-Hit "Draculas Castle" oder dem rhythmischen "Guilt Is A Useless Emotion". Dass das alles so herrlich erwachsen-perfekt, aber trotzdem auch jugendlich und kraftvoll klingt, dürfte auch an dem siebenmonatigen Studioaufenthalt und an den Herren an den Reglern liegen. New Order verpflichteten als Produzenten unter anderem John Leckie und Stephen Street. Die kennt man seit Jahrzehnten, nicht nur in England, sie waren schon bei vielen wichtigen Platten dabei. Insgesamt ist "Waiting For The Sirens Call" ein Meisterwerk, eine Referenzplatte in ihrem Genre - und sie toppt "Get Ready" noch einmal. Mutig könnte man sagen: "Technique" für ein neues Jahrtausend. Das so etwas überhaupt möglich wäre, hätte vor vier Jahren wohl niemand gedacht.

(30.3.2005 Rheinische Post, Düsseldorf)
 

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Re: Presse- und Medienstimmen zu WFTSC
« Antwort #1 am: 03. April 2005, 11:55:12 »
Besser hätte man es nicht schreiben können !!!  :)
Super Kritik die mir aus dem herzen spricht...

Barney (GermanOrder)
 

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Re: Presse- und Medienstimmen zu WFTSC
« Antwort #2 am: 03. April 2005, 12:05:30 »
Diese Kritik finde ich auch klasse, weil die ohne groß auszuschweifen auf den Punkt kommt. Alleine für diese Kritik sollte schon ein New Order-Konzert in Deutschland in der Phillipshalle stattfinden. Bemerkenswert ist aber, daß die RP selber in den 80ger überhaupt nicht über no berichtet hat. Da saß dann da jemand, der die Dinosaurier aus den 60gern und 70gern ganz toll fand.
 

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Re: Presse- und Medienstimmen zu WFTSC
« Antwort #3 am: 06. April 2005, 00:07:48 »
Aus: AudioVideoFoto Bild

POP SIRENEN
1980 nahm sich Ian Curtis, Sänger der Grufti-Punk-Band Joy Division, das Leben. Die resrlichen drei Musiker begannen mit Keyboarderin Gillian Gilbert als New Order eine neue karriere - und landeten 1983 mit "Blue Monday" einen riesen-club-hit. Ähnlich erfolgreiches ist den Briten zwar nie wieder geglückt. Der Sound von damals hat seinen Reiz aber bis heute nicht verloren. Treibende Rhythmen, saftige Gitarren-linien und nicht zuletzt die anschmiegsame Stimme von Sänger Bernard Sumner bilden das unverkennbare Rückgrat auch der neuen Songs. Im Vergleich zum Vorgängeralbum "Get Ready" (2001) hat New Order mehr auf eingängige Melodien gesetzt. Deshalb könnte das Disco-kompatible "I told you so" glatt von (Pardon!) Diter Bohlen stammen. Um so schneidiger sind dagegen die rockingen Gitarrenriffs (Tip: "Hey now what you doing"), die man sich bei REM und anderen US-rockern abgehört hat.

Klang: Luftige, saubere aufgelöste Höhen, klare Mitten, Die Bässe sind manchmal zu drucklos.
Fazit: Gute, sehr altmodische Schule des tanzbaren, gitarrenlastigen Elektro-pops. Für 80er- Nostalgiker immer noch ein lohnender Kauf.
 

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New Order: Schuften für die Lässigkeit (Stern)
« Antwort #4 am: 07. April 2005, 08:24:24 »
Im 25. Jahr ihres Bestehens veröffentlichen New Order mit "Waiting For The Sirens' Call" ein neues Album - und wirken dabei noch immer bemerkenswert frisch.

Das Geheimnis dauerhaften Erfolgs ist harte Arbeit. Diese unromantische Weisheit scheint einem Ratgeber für junge Karrieristen zu entstammen, doch ausgesprochen hat sie dieser Tage Bernhard Sumner. Der 49-jährige Sänger und Gitarrist der Popband New Order hat in seiner über 25-jährigen Karriere gelernt: Für die musikalische Originalität, die einem in jungen Jahren zufliegt, muss man im Alter schuften. Die Früchte der jüngsten Anstrengung präsentiert das britische Quartett auf seinem neunten Studioalbum "Waiting For The Sirens' Call".

Gewaltiges Gesamtwerk
Bis heute ist der New-Order-Sound, eine Fusion aus Disco-affinen Rhythmen, New-Wave-Synthieklängen und britischem Gitarrenpop einzigartig und in seiner Lässigkeit unerreicht; der größte Hit "Blue Monday" füllt bis heute jede Tanzfläche. Eigentlich könnten sich Sumner, der 49-jährige Bassist Peter Hook, der 47-jährige Schlagzeuger Stephen Morris und der für die Keyboarderin Gillian Gilbert neu in die Band gekommene 29-jährige Phil Cunningham daher auf die Verwaltung des musikalischen Erbes beschränken. Einen Eindruck vom gewaltigen Umfang des Fundus vermittelte etwa die 2002 erschienene 4-CD-Box "Retro" mit 56 Titeln.
..
 
Doch ähnlich wie Robert Smith und seine Band The Cure oder das Pop-Duo Pet Shop Boys weigern sich New Order, die 1980/81 aus der legendären Wave-Rock-Formation Joy Division hervorgegangen sind, beharrlich, sich auf den Lorbeeren früherer Tage auszuruhen. Schuld ist laut Sumner ein "kreativer Instinkt", der ihn seit seiner Kindheit antreibt und den er im im Musikmagazin "Intro" so umschrieb: "Dinge zu erschaffen, Musik zu machen; etwas hervorzubringen, das schön ist und die Menschen bewegt."

Tanzbarkeit und emotionale Tiefe
Bewegend wirkt die Musik der alten Haudegen seit jeher auf zweierlei Weise. Zum einen legen New Order auch beim neuen Album einen starken Akzent auf die Tanzbarkeit, wie etwa der Song "Hey Now What You Doing" zeigt oder auch das Stück "Jetstream", bei dem die Sängerin der Scissor Sisters, Ana Matronic, mitsingt. Zum anderen schaffen es New Order immer wieder, trotz des Einsatzes von Elektronik, ihren Liedern eine emotionale Tiefe zu geben, wie man sie oft nur von "handgemachter" Musik kennt. So umweht etwa den Opener "Who's Joe?" trotz seines flotten Tempos unverkennbar eine melancholische Schwere.

Zu Musik mit Gefühl bekennt sich Sumner freimütig: "Das Wichtige an New Order sind nun mal Herz und Seele. Wenn etwas zu sehr nach einer Wiederholung oder Pastiche klingt, ist es nicht gut genug." Diese Haltung, an die sich das neue Bandmitglied Phil nach eigenen Worten erst gewöhnen musste, hat zur Folge, dass beim Songwriting viele Ideen schon deshalb ausscheiden, weil sie zu sehr nach New Order klingen.

Kreativer Ausbruch als Grundlage für weiteres Album
An brauchbaren Ideen herrschte während der sieben Monate dauernden Arbeit an dem Album aber glücklicherweise kein Mangel. Statt der benötigten elf schrieb das Quartett 18 Songs - ein Novum, das Sumner als überraschenden "kreativen Ausbruch" erlebte, denn normalerweise schreibt die Band immer genau so viele Songs, wie sie für ein Album braucht. Nach seinem Eindruck sind "die übrigen sieben Songs so stark, dass sie vielleicht die Grundlage für ein weiteres Album bilden." Eine Fortsetzung der schier unendlichen New-Order-Geschichte ist also in Sicht.

Wie stark der Einfluss von New Order auf die heutige Musikszene auch heute noch ist, zeigt das Beispiel der US-Band The Killers, die sich nicht nur musikalisch an die legendäre Band anlehnt: 2002 gegründet, haben die Killers sich ihren Namen aus dem Video von New Order zu "Crystal" entlehnt: Darin trat eine offenbar perfekte Band mit einem großartigen Song, hervorragendem Aussehen und der Jugend auf ihrer Seite auf, die sich The Killers nannte.

Live-Termine:
10.06. Hurricane-Fesival in Scheeßel
11.06. Southside (Neuhausen op Eck)
03.07. Rock Werchter (Belgien)
 
Torsten Holtz/AP

Quelle: Stern, 5.4.05
« Letzte Änderung: 07. April 2005, 08:43:02 von confusion »
 

Offline Svenner

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Re: Presse- und Medienstimmen zu WFTSC
« Antwort #5 am: 07. April 2005, 13:05:24 »
In der Visions gab´s 9 von 10 Punkte, wieder mal einen laangen Artikel (ich glaube 6 Seiten stark)
Außerdem lag dem Heft ein kleines Werbeheftchen vom Saturn bei - komplett New Order gewidmet.
a
 

Offline confusion

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New Musical Express Review
« Antwort #6 am: 07. April 2005, 16:10:07 »
Godlike or Clodlike? Electropunk Vikings kicking the footlights into the front row of the NME Awards or huffing old codgers strapping their man jugs into manky cagoules like the fellas off Last Of The Sumner Wine? It’s a thin line between loved and dated, but where do New Order sit? There’s no denying New Order’s days of messing with music’s DNA are behind them – a good 20 years behind. As Neil Tennant’s Awards speech stated, they’re a band who changed music twice – with ‘Unknown Pleasures’ as Joy Division and ‘Low-Life’ as New Order – but both times pre-1984. The next decade was spent refining the murky electro of ‘Blue Monday’ until, by ’93’s ‘Republic’, it boasted all the glassy blankness of the Lightning Seeds (while, admittedly, inventing the Pet Shop Boys and modern dance culture). The next eight years were a bitter, cocaine-blighted languish resulting in 2002’s ‘Get Ready’, which sounded like it was recorded minutes, not years, after ‘Republic’.

So only the most optimistic fans would expect New Order’s eighth album ‘Waiting For The Sirens’ Call’ to change their life. And it won’t. Touted as half ‘Get Ready’, half ‘Technique’, it lives up to every predictable stylistic retread that entails, to the point of self-parody. Oh, the opening promises a smorgasbord of Nathan Barley-style post-futuristic, neo-everything electronic delights. But fear not, here be no experimental kazoo solos, electro-ska interludes or guest raps from Dizzee Rascal. Five seconds in, Stephen Morris pushes his ‘Standard Mid-Tempo Pop Beat’ button and we’re in 1989. Barney sounds, as ever, like a panic-stricken choirboy, Hooky’s spectral bass, made entirely of spiderweb, drives the melody like the ’90s never killed goth and all is euphorically sinister in the world of Northern synth-pop once more. Maggie Maggie Maggie! Out out out!

Yup, it is a New Order record, like so many New Order records before it, and countless New Order records to come. Thank Christ, then, that the songs are so good. Easily the best collection they’ve released in, ooh, 15 years, the first half of ‘..Sirens’ Call’ practically bubbles with ‘Regret’s. ‘Who’s Joe?’ is a winsome elder cousin of ‘Get Ready’’s stand-out ‘Crystal’, the android cowboy lament about storms a-comin’ and brave men with “eyes like a wounded soldier” you can dance to.

Eyes still turned to Texarkana, ‘Hey Now What You Doing’ weighs in with some guitars nicked off REM’s ‘The One I Love’ and rides the M62 in a rusty Cadillac, the radio tuned to the sorry tale of a DIY musician (“You have the brightest future/Writing songs on your computer”) who gets into drugs and guns. It’s one of those ‘don’t do what I did, sonny’ morality tales usually sung by gnarly old duffers who hate to see young upstarts taking all the drugs they can’t and making better music than them.

If ‘Hey Now...’ is New Order gone as rock as they dare, ‘I Told You So’ is the only track on ‘..Sirens’ Call’ that truly reflects their Kraftwerk techno roots. Awash with digital crickets, soul divas, electro-ska interludes (um, sorry) and what appears to be an army of marauding DFA warbots stopping off at a Macclesfield chippy to play Frogger, it alone has its shoulder to the tech-rock envelope here. Indeed, as if to shield us from the white heat of invention at its core, it’s cushioned by a trio of Sumner-by-numbers top pop hits – the title track is ‘Regret’ chilled out on methadone, ‘Krafty’ is ‘Regret’ taking so much methadone it thinks it’s Tinkerbell and can fly (it is and it can), and ‘Morning Night And Day’ is essentially U2’s ‘Vertigo’ if it woke up gay.

At which point ‘...Sirens’ Call’ hits the skids harder than Courtney Love on a knackered skateboard. ‘Dracula’s Castle’ features the line “You took my heart/To Dracula’s Castle in the dark”. It’s asinine, pointless and unable to spot a tune if it bit one on the neck but not as awful as the plinky pop of ‘Jetstream’, the sort of cheese even Ian Broudie’s embarrassed about these days. Slightly better is the housey ‘Guilt Is A Useless Emotion’, for all the terrifying flashbacks of Aqua’s ‘Barbie Girl’ it brings on. Respite comes in the Big Overcoat On The Moors jangle of ‘Turn’ – a disco Smiths! – before we tumble home with the technobilly rumble of ‘Working Overtime’, a welcome shatter of beer glass rounding off a record notable for its formulaic slickness.

If the rumours are true that New Order scrapped several songs from ‘...Sirens’ Call’ because they sounded too much like The Killers, it’s a testament to their status as a national monument that’s been around long enough to be wrong-footed by their own revival. But ‘...Sirens’ Call’ is not a ‘grower’ but a ‘glarer’: see past the shameless obviousness and there’s limitless unknown pleasures within. Godlike, no. More God-ish. Mark Beaumont

Bewertung: 6 von 10

NME
« Letzte Änderung: 07. April 2005, 16:21:30 von confusion »
 

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Fünfzehn Prozent Hype (Cd der Woche bei Netzzeitung. de)
« Antwort #7 am: 08. April 2005, 14:24:54 »
New Order bleiben mit dem neuen Album «Waiting For The Sirens Call» ziemlich nah dran an ihrem Vorgänger-Album «Get Ready». Sonderlich innovativ wirkt es daher nicht.

Wollte man aufzählen, wer alles in den letzten Wochen, Monaten, Jahren mit New Order verglichen worden ist – die Liste würde mehr Zeilen verbrauchen, als es diesem Artikel gut tun würde. Die Namen von Moby - auch einer dieser Knotenpunkte von Rock und Elektro - sowie von Indie-Dancefloor-Neulingen wie Bloc Party oder VHS or Beta müssen genügen. Nun also New Order, die Vorbilder.

Um es vorweg zu nehmen: Nur mit Platten wie «Waiting For The Sirens Call« hätten die alten Briten ihren Heldenstatus nicht hinbekommen. Aber immerhin bleibt »Waiting For The Sirens Call« ziemlich nah dran an seinem fantastischen Vorgänger, dem 2001 erschienenen Comeback-Album «Get Ready». Und das an sich ist schon nicht schlecht. Nur ist die Popmusik inzwischen vier Jahre weiter.

Auf der Positivseite stehen Bernard Sumners Stimme, in der auf unkopierbare Weise Punk und New Wave der späten Siebziger und frühen Achtziger widerhallen, die schwelgerischen Momente in den Songs und die melancholisch-schwebenden Bassläufe. Mitunter groovt es sogar, dass die Plattenrille kracht.

Außerdem ist das Album, wie es so schön heißt, «aus einem Guss». Es fühlt sich an, als ob man nachts alleine auf der A1 mit einem Luftkissen zwischen Unterboden und Asphalt fährt. Welches Ziel man hat, wusste man sowieso nie genau. Oder hat es längst vergessen. Also: Hat einen die Platte einmal gepackt, ist jedes Stück ein Hit.

Auf der Negativseite steht vor allem ein Song: Welcher Teufel mag bloß während der Aufnahmen von «Guilt Is A Useless Emotion» durch's Tonstudio geritten sein? Der Schwefelgestank muss unerträglich gewesen sein. Mit Doof-Techno à la Alex Christensen kann man sich den Ruf auch ruinieren. Aber der Ruf sollte sowieso ausgeblendet werden, wenn man das neue Album dieser Konsensband hört. Kurzformel für New Order im Jahr 2005: 25 Prozent Elektro, 60 Prozent Rock, 15 Prozent Überschätzung.

Sascha Woltersdorf (http://www.netzeitung.de/entertainment/music/cdderwoche/331636.html)
« Letzte Änderung: 08. April 2005, 14:42:04 von confusion »
 

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Zähle bis 10, bevor du etwas falsch machst! (Süddeutsche Zeitung)
« Antwort #8 am: 08. April 2005, 14:35:12 »
In den Achtziger lehrten New Order, wie man Rock und Elektronik und Disco zu einem schicken Fummel zusammenschneidert, und heute ist klar, dass es immer noch keine bessere Jungsband gibt als die hier.

Hoffentlich täuscht man sich, aber es könnte ja sein, dass ein paar Bübchen aus dem deutschen Kulturbetrieb gerade ihr Zwergenleiden am Lebenssinn wegmachen wollen, indem sie an einer Biedermeiergroßhandlung basteln.

Man wähnt sich fast umzingelt von Damen und Herren, die als Großschriftstellerdarsteller herumtun, von im Akkord Leinwände mit lauwarmem Öl vollpinselnden Malern aus Leipzig, von cremefarbenen Architekturbüros, die Berlin wieder herschinkeln sollen, weil wenn alles schon den Bach ’runtergeht, dann wie damals, mit Im-Tässchen-Rühren und Fingerchen-Abspreizen.

Womöglich müssen da ein paar Hohlräume hinter Mauern und Stirnen bis zum Regierungswechsel zugekalkt werden, damit man die Po-Öffnung in die richtige Richtung halten kann, nämlich in die, aus der dann bald der Wind weht, gell? Aaah, joldene Zwanziga. Wenn die ersten Kollegen mit Gamaschen und Ärmelschonern ins Büro kommen, gehen wir jedenfalls einen saufen und sagen dann superleise Servus.

Dass vorläufige Rettung durch eine Musik-CD nahen soll, ist gewagt, aber dann eben wieder nicht. Die Rettung naht natürlich aus England, dem Land, in dem man Schlösser nicht wieder aufbauen muss, dem Land des sinnlosen Humors und der grundlosen Zuversicht (aber immerhin der Zuversicht), der Heimat Gautama Buddhas, in der man 7 Pfund für einen Capuccino bezahlt und dann nichts übrig hat für den Herrn in der Unterführung Knightsbridge, der so schön „Something“ von den Beatles auf der Gitarre spielt, dass man noch draußen vorm Harrods das Sicherheitspersonal anheult und sofort herzeigen muss, was man in der Plastiktüte hat, weil ja eine Bombe hochgehen könnte.

Die Musiker von New Order haben vier Jahre lang den Erfolg ihrer CD „Get Ready“ zu Recht genossen. 2001 wagte man noch nicht, es zu schreiben, aber man ahnte bereits: Diese Platte war derartig gut, dass in den Feuilletons und angeschlossenen Funkhäusern nun für Jahre eine Konferenzschaltungsratlosigkeit anheben würde, gegen die die Weimarer Republik der reinste Kindergeburtstag war. So kam es dann auch.

Man tritt sicher niemandem zu nahe, wenn man feststellt, dass seit zirka 2001 sämtliche Hypes der Nullerjahre eher Doppelnullen waren.

Das war nur viertelniedlich, wie Franz Ferdinand versuchten, Roxy Music nachzuspielen, wie die White Stripes versuchten, T. Rex nachzuspielen, wie die kleine Nervensäge Adam Green (Wertung im englischen Musikmagazin Q: „So wertlos, wie Musik nur sein kann.“) in natürlich Berlin als Achtelkafka zum lokalen Star wurde, wie der Autist Beck bei Harald Schmidt eine schöne Brille aufsetzte und ein schlechtes Lied sang.

Das will alles immer so irre dringend was sein und ist dann nix, und dass nun wiederum New Order im 25. Jahr ihrer Bruderschaft was sein wollen, glaubt man der neuen Platte nicht anzuhören, dass sie was sind, aber schon und sofort.

Die Entstehung dieser Platte stellt man sich wie folgt und zum Durchdrehen simpel vor. Einen um den anderen Tag leuchtete über der Rübe von Bernard Sumner ein Lämpchen wie damals bei Wickie im Kinderfernsehen. Flugs hatten New Order ein paar hinreißende Songs zusammen, und dann haben sie im Studio noch dran ’rumgebastelt.

Man muss sagen: 1. so einfach geht das und 2. auch das Gebastel hört man der Platte an, die so viel Spaß macht wie unseren Kleinen ein Abenteuerspielplatz, auf dem sie ständig neue Verlockungen vorfinden.

Es sind Sumners stürmische Gitarren zum Fäuste-in-die-Luft-werfen drauf, es sind dahinter lilafarbene und seelenprügelnde Streicher, natürlich ist Peter Hooks großartiger Bass drauf, der einst lehrte, wie das klingt, wenn Stahlseile Geschichten erzählen. Dazu kommt heiteres Geplucker und „Piupiu!“ und „Doingdoing!“ aus dem Computer wie damals in der Italodisco, und dazu kommen Gitarrendreiklänge lupenreinster Schönheit und Melodien, für die man die Welt umarmen möchte, die englische natürlich, nicht deutsche.

Die CD trägt den Titel „Waiting For The Sirens’ Call“, und der ist in seiner Sehnsuchtshaftigkeit ebenso für 1 zu 1 zu nehmen wie die Texte, in denen sich Äkschn auf Sätisfäkschn reimt, die Mutmacher Hey und Allright zu vernehmen sind, und in denen Briten, die die alte Labour Party wiederhaben wollen und zum Fußball gehen, immer noch auf der Suche nach sich selbst oder der Liebsten sind. Das Reizende an dieser Platte ist ihr ernst gemeinter Sturm und Drang, der im Kleid lasziver Wurschtigkeit daherkommt. Und 25 Jahre nach dem Selbstmord von Ian Curtis, der den New Order-Vorgänger Joy Division kraft Finsternis anführte, schreiben die Familienpapis heute idealistische Texte, in denen empfohlen wird, die gewalttätige Fernsehkiste nicht mit dem Fenster zur Welt zu verwechseln, denn: „Out there the world is a beautiful place / With mountains, lakes and the human race / And this is where I wanna be . . . “.

In den Achtzigern lehrten New Order, wie man Rock und Elektronik und Disco zu einem schicken Fummel zusammenschneidert, und heute ist klar, dass es immer noch keine bessere Jungsband gibt als die hier, wobei es der Musik gut tut, dass diese Jungs daheim so normale Familiensorgen haben wie andere Jungs um die 50 auch, solange sie noch halbwegs dicht sind und nicht den lieben blöden Tag lang auf die eigenen Stiefelspitzen schauen und auf was Großes warten. Man könnte auch sagen: Wenn hier schon wieder eine Band eine Band nachspielt, so ist es großartig, wie es New Order hinkriegen, im Jahr 2005 noch toller zu klingen als New Order 1980.

Dass sie wegen Stur- und Faulheit nie so groß geworden sind wie U 2, darüber wurde von ihrem armen Manager viel geklagt, der aber vergaß, anzufügen, dass New Order wegen ihrer Stilsicherheit auch nie so behämmert wurden, wie U 2 es immer bleiben werden.

Der einzige Hype, der in den letzten Jahren Freude bereitete, war die lustige Homotruppe Scissor Sisters aus New York, und – wir sprachen gerade von Stilsicherheit – prompt krallt sich Sumner deren Sängerin Ana Matronic für ein Duett in dem umwerfend räudigen Tanzknaller „Jetstream“, um den herum man umgehend eine Party mit netten Frauen und Männern ohne Gamaschen modellieren will. Wem das zuviel ist, der wird immerhin noch das Fenster aufreißen und die liebe Sonne zurückgrüßen, die es also doch gibt.

So lehrt dieser Diamant von einer Platte, dass gerade in Zeiten, in denen es – wie ja eigentlich immer – total superschlecht läuft, schon elf brillante Kopf-hoch-Songs einen sehr guten Sommer machen. Man muss wissen, woran man glaubt, und wenn man das weiß, weiß man eben auch, wo die Feinde stehen und immer stehen werden. Auf dem Plattencover sehen die, die es immer noch nicht begriffen haben, groß die Initialen der Band. Sie machen eine Ansage, die mal wieder nötig war: No.

Oder, wie es in unserem Lieblingssong heißt: „Hey now what you doing ? / Don’t go down the road to ruin / Look back at where you came from / Count to ten before you go wrong.“

Touched by your presence, gentlemen!

Alexander Gorkow (http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/9/49959/)

 

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Kritik bei Spiegel.de: Die wichtigsten CDs der Woche
« Antwort #9 am: 08. April 2005, 14:37:47 »
Man kann es drehen und wenden, wie man will, doch der Glanz und die Strahlkraft des ersten Momentes lassen sich nie wieder zurückholen. Als der Rezensent, reichlich spät, das erste Mal mit New Order in Berührung kam, schrieb man das Jahr 1989 und "Fine Time" von der LP "Technique" klang so präzise, so akkurat und fehlerlos, dass man die übermütigen Pläne, selbst einmal Musik zu machen, auf der Stelle über den Haufen warf. Andererseits waren New Order immer auch ein wenig zu routiniert, zu kühl, um zur ganz großen Liebe zu taugen und an The Smiths, Prefab Sprout oder The Cure heranzukommen. "Waiting For The Sirens' Call" ist ein wundervolles Album, das von der Verführung handelt, vom ewigen Sehnen und dem unablässigen Wunsch nach etwas, das größer ist als unser reiz- und einfallsloses Leben. Es gibt weniger Gitarren als auf dem Vorgänger "Get Ready", aber genauso viel Bass von Peter Hook, genauso viel beseelten und eigentümlich ausgekühlten Gesang von Bernard Sumner. Beim vorletzten und schönsten Stück "Turn" kommt er für wenige Minuten zurück, der erste Moment: "I'm sitting here alone at night/ My sleepless eyes are open wide/ What do you want me to say/ What we had has gone away." Vielleicht nicht derselbe Glanz, aber dasselbe Versprechen.

(8 von 10) Jan Wigger (http://www.spiegel.de/kultur/musik/0,1518,348683,00.html)
« Letzte Änderung: 08. April 2005, 14:41:44 von confusion »
 

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Kritik bei laut.de
« Antwort #10 am: 08. April 2005, 14:40:50 »
Es ist in 25 Jahren viel geschrieben worden über New Order, und hält man nun, zum Erscheinen des neunten Studioalbums, einmal kurz inne, erscheint es einem fast, als wäre das meiste davon erst seit 2001 verfasst worden. Damals erschien "Get Ready", das erste New Order-Lebenszeichen nach acht Jahren Pause, und fortan war ständig von Pop-Titanen die Rede, von ewig jungen Alten, die den wirklich Jungen mal so richtig gezeigt hätten, wozu man im Alter noch fähig sein kann, oder besser: zu welchen Taten einen das Alter erst ermächtigt. Ja, wahrscheinlich würde man sich sogar nur wissend zurücklehnen, wenn inzwischen eine empirische Studie vorläge, die die Zahl der tendenziell negativen Rezensionen zum Album "Get Ready" in 2001 veröffentlichten, europäischen Tages- und Wochenzeitungen auf verschwindende fünf Prozent bezifferte.

Die Formel für diesen unerklärlichen Erfolg kannten auch die vier Musiker nicht, wovon die mediokren Studioalben "Republic" (1993) und "Technique" (1989) durchaus glaubhaft Zeugnis ablegen. So ließ sich natürlich gut reunieren und komponieren, eine Erwartungshaltung existierte ja nicht. Wie sollte sie auch nach so langer Zeit, noch dazu bei einer Band, die für viele nur einen einzigen Hit hatte, für andere dagegen den einzigen Hit überhaupt, "Blue Monday", großer Gott! Wie ein Schatten legte sich jene Pionierleistung nach Erscheinen 1983 nicht nur über die Dancefloors, sondern bald auch über die Band selbst, die dennoch tapfer weiter strampelte, wie sie es schon einmal tun musste, 1980, nach dem Tod von Joy Division-Sänger Ian Curtis unter dem neuen Namen New Order.

"You've gotta lift that heavy load, you've gotta get back in control" heißt es nun forsch an einer Stelle des neuen Albums, und vielleicht spielen Sänger Bernard Sumners Worte ja tatsächlich mit dem neuen Erwartungsdruck an seine Band. Sollte es den überhaupt gegeben haben. Denn "Waiting For The Sirens' Call" ist eine völlig unaufgeregte, mitunter hochklassige Fortsetzung des beliebten Vorgängers. Davon kündet schon das erneut ruhige, elektronische Intro des Openers "Who's Joe", der auch anschließend so stark nach "Crystal" klingt, dass manche gar keinen Unterschied bemerken werden. Wenn im zweiten Song dann die Gitarren stärker durchschlagen, wie seinerzeit auch im folgenden "60 Miles An Hour", zeigt das einiges von der Chuzpe und dem Vergnügen, mit dem der groovende Frührentner-Club mittlerweile sein Erbe verwaltet.

Aus der Spur fallen New Order eigentlich nur einmal, und dieser Faux Pas ist letztlich das Überraschendste am neuen Album. Der recht flache, mit Trance-Sounds ausgestattete Techno Pop von "Guilt Is A Useless Emotion" will so gar nicht zum Rest der Platte passen und wäre 2001 keine B-Seite gewesen. Dass auch Basser Peter Hook diesen Song am liebsten überall, nur nicht auf dem Album gesehen hätte, ist daher durchaus verständlich. Und es wirkt schon ein wenig ironisch, wenn den Jungs gerade ein experimentierfreudiger Song misslingt, und der von allen Außenstehenden ersehnte, melancholische New Order-Gitarrenpop in Songs wie "Who's Joe" oder "Waiting For The Sirens' Call" begeistert. Oder in "Morning Night And Day". Oder in "Turn".

Dennoch spricht es für New Order, dass sie dieses Mal vier Produzenten engagierten, um sich noch einmal selbst zu fordern. Selbst wenn dies, wie auch der Wechsel im Line Up (Gitarrist Cunningham für Keyboarderin Gilbert), zum Glück kaum vernehmbar ist. Noch immer begrüßen einen die Songs, wie es die einzelnen Bandmitglieder wohl im Proberaum tun, mit einem jovialen "Hey Now What You Doing". Da wirkt kein Dancehall-Beat aufgesetzt oder reißerisch ("I Told You So"), kein Xylophon überzogen ("Krafty") und keine Frauenstimme fehl am Platz ("Jetstream"). Überhaupt "Jetstream", der Song mit der New Yorker Scissor Sisters-Sängerin Ana Matronic am Mikro; hier klingen New Order tatsächlich noch einmal neu und dabei so affirmativ catchy wie seit "True Faith" nicht mehr. Die schroffe Punk-Verabschiedung "Working Overtime" lässt dagegen eher Wehmut nach dem genialen "Rock The Shack" aufkommen.

Warum das neue New Order-Album trotz kleiner Schönheitsfehler sicher ein weiteres Mal als herausragendes, der Jugend ein Beispiel gebendes Alterswerk angepriesen wird (obwohl es der Jugend mit Interpol, Franz Ferdinand, Bloc Party oder Maximo Park doch gar nicht schlecht geht), muss andere Gründe haben. Wahrscheinlich ist es die natürliche Zuneigung zu vier grundsympathischen Musikern, die mit Joy Division und New Order bereits zwei Legenden auf ihren Schultern verteilen, die mit "Blue Monday" das Pflicht-Accessoire eines jeden DJ-Koffers geschaffen haben, und die sich nun in Manchester die Hände reiben, wie all diese jungen DJs bei ihnen Schlange stehen, um die neuen New Order-Songs remixen zu dürfen. Songs, deren Melodien mittlerweile mit einem Schuss innerer Ruhe und Ausgeglichenheit versehen sind, wie sie nur von Menschen kommen können, die mit sich und der Welt im Reinen sind. Oh, mögen sie nie mehr zanken.

Michael Schuh (http://www.laut.de/lautstark/cd-reviews/n/new_order/waiting_for_the_sirens_call/index.htm)
 

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Platte der Woche bei Gaesteliste.de
« Antwort #11 am: 08. April 2005, 14:44:02 »
New Order - Waiting For The Sirens' Call
London Records/Warner Music
Format: CD

Familien-Besuch kündigt sich an. Auch wenn man sich in bester Rebellen-Laune Jahr für Jahr abmüht, der lässige Außenseiter zu sein, der einfach zu cool ist, sich bei sämtlichen Familien-Zusammenkünften sehen zu lassen, irgendwann trifft es einen: Man freut sich einfach, z.B. eine lang nicht mehr gesehene Tante, die einfach alle gerne um sich haben, treffen zu dürfen. (Allerdings ohne den Mundgeruch, ohne den Anblick des Damenbarts und ohne die furchtbar schmeckenden Kekse.) In gewisser Weise kann man diese Situation mit New Order vergleichen. Man hat diese Band und ihre Musik einfach gern, man freut sich auf jedes Wiederhören. Anlass zum aktuellen Familien-Treffen ist "Waiting For The Sirens' Call".

Es hatte wieder einmal viele hektisch formulierte Vorabmeldungen zum neuen New Order-Album gegeben, die einen sprachen von einem Dance-Album, die anderen von einem Rock-Album. Was haben New Order letztendlich gemacht? Beides. Die Songs haben alles, was man über die vielen Jahre hinweg liebgewonnen hat - der schier endlose Fundus an tollen Melodien, die Harmonien, Bernard Sumners Gesang, Peter Hooks legendäre Bassläufe, Stephen Morris setzt sich entweder an das Drum-Kit oder programmiert den Drum-Computer. Gillian Gilbert hatte die Band vor einiger Zeit verlassen, neu hinzugekommen ist der bereits auf der letzten Tour als Keyboarder und Gitarrist eingesetzte Phil Cunningham (Ex-Gitarrist bei Marion, war auch schon mit Sumner bei Electronic tätig), der auch direkt mit in das Songwriting einbezogen wurde. Um die perfekte Balance zwischen den Dance- und Rock-Songs zu wahren, haben New Order die Dienste einiger hervorragender Produzenten gesichert: Stephen Street, John Leckie und Stuart Price. Gitarren-Pop mit "Hey Now What You're Doing" oder "Waiting For The Sirens' Call", purer Electro-Pop mit "Guilt Is A Useless Emotion", Rock-Nummer mit "Working Overtime", ein vage angedeuteter Ausflug in Richtung Dancehall mit "I Told You So". Alles da, und noch viel mehr dank der New Order'schen Subtilität zu entdecken.

David Bluhm http://www.gaesteliste.de/review/show.html?_nr=5456
 

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New Order feiert zweite Jugend mit neuem Album (DPA)
« Antwort #12 am: 08. April 2005, 14:47:24 »
Hamburg (dpa) - Totgesagte leben länger - und finden dabei wie die 80er-Jahre-Kultband New Order manchmal auch noch eine zweite Jugend. Vor zehn Jahren sah es noch aus, als gehörte New Order der Vergangenheit an.

Doch nun bringen die Briten mit «Waiting for the Sirens Call» das zweite Album in knapp vier Jahren heraus - und klingen dabei überraschend kraftvoll und lebendig. Jung, möchte man sagen, und wundert sich, wie man nach 28 Jahren im Geschäft, nach Trennung, Pleiten, Alkohol, Drogen und Depressionen noch so frisch und froh klingen kann.

Die Antwort mag in den Anfängen von New Order liegen, einer Band, die aus einer Tragödie heraus geboren wurde. Joy Division nannten sie sich erst, Mitte der 70er Jahre, und spielten - wie nahezu jede junge Band damals - natürlich Punk-Rock. Die Mischung aus stürmischem Druck und herzzerreißenden Gitarrenakkorden hob sie mit der Zeit aus der Masse hervor, doch am Vorabend einer US-Tour, die endlich den großen Durchbruch bringen sollte, beging Sänger Ian Curtis im Mai 1980 Selbstmord.

Die verbliebenen drei - Gitarrist Bernard Sumner, Bassist Peter Hook und Schlagzeuger Stephen Morris - beschlossen weiterzumachen. Sumner übernahm den Gesang, sie änderten den Namen in New Order und suchten nach einem neuen Stil. Zwei Emotionen mischten sich fortan in ihre Musik: eine tiefe Traurigkeit, die immer wieder durchscheint und sich wie ein Ring um das Herz legt, und überbordender Frohsinn, aus Trotz, aus Verzweiflung heraus. «Irgendwann haben wir die aufmunternde, aufputschende Kraft der Musik entdeckt», sagte Sumner. Gute-Laune-Rock gegen das Leid des Lebens.

Enthemmt, befreit von dem Druck, nach acht Jahren Pause unbedingt ein Meisterwerk präsentieren zu müssen - der nach der Vorgängerplatte «Get Ready» auf der Band lastete - spielt New Order jetzt einfach auf. Grundton: rockig, mit nahtlos eingewobenen Elektronik-Sounds. Die Melodien sind griffige Ohrwürmer mit pulsierender Spannung im Unterton. Alle Grundelemente sind an ihrem Platz: Sumners Gitarre dröhnt mal beklemmend, mal euphorisch, Hooks Bass wandert im Hintergrund mit seiner eigenen Melodie im Kreis. Der eher entspannte Rhythmus mag etwas behäbig vorkommen - aber man muss ja auch etwas kürzer treten, wenn man 50 ist.

Auch wenn New Order Millionen Fans hat und so unterschiedliche heutige Stars wie Robbie Williams, Moby, Gwen Stefani oder Franz Ferdinand sie als Vorbild nennen, eine Riesennummer wie U2 oder die Rolling Stones sind die Musiker nie geworden. Ihr Sinn für geschäftliche Fehler ist legendär: «Blue Monday» von 1982 gilt zwar als meistverkaufte Vinyl-Maxi-Single aller Zeiten, doch angeblich hat die Band bei jeder verkauften Platte wegen des kunstvollen Umschlags noch draufgezahlt anstatt Kasse zu machen. Die große Promotion- Maschinerie der Platten-Multis mied die Gruppe stets.

Anfang der 90er schien dann alles zu Ende. Ihre Plattenfirma Factory Records und ihr Club Hacienda gingen Pleite, New Order zerfiel, zerfressen von Hass und gegenseitigen Anschuldigungen. Die Bandmitglieder stürzten sich in Soloprojekte. «Unser verstorbener Manager Rob Gretton hat mal gesagt, wenn wir so viel Energie in New Order investiert hätten wie in unsere Sologeschichte, wären wir größer als U2 geworden», sagt Hook mit einem Grinsen. Gretton war es auch, der New Order Ende der 90er zunächst für ein Konzert zusammenbrachte - und die Chemie stimmte so sehr, dass die Geschichte immer noch weitergeht.

«Vielleicht ist es auch gut, dass alles so kam», bemerkt Hook philosophisch. «Wenn es einem zu gut geht und man Speck ansetzt, verliert man als Songwriter den Biss.» Manchmal sei da diese Angst, das man es nicht schafft, besser als früher zu sein oder wenigstens genauso gut. Aber: «Solange Du Dir selber treu bleibst, ist alles o.k..»

Andrej Sokolow Deutsche Presse-Agentur

 

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NDR2 Albumtipps: New Order - Waiting For The Siren’s Call
« Antwort #13 am: 08. April 2005, 16:09:38 »
Ganz klar - bei NDR 2 gibt es Ihre Lieblingsh*ts. Und natürlich eine CD der Woche - ein neues Album, aus dem wir Ihnen mehrere Stücke im Programm vorstellen. Oft fällt die Wahl ganz schön schwer! Deshalb gibt's hier die Tipps aus der NDR 2 Musikredaktion, was es sonst noch Neues gibt! Diese Woche: New Order - Waiting For The Siren’s Call (VÖ: 29.03.05)

Schon vor knapp vier Jahren wollten es New Order noch einmal wissen und veröffentlichten "Get Ready", die nicht nur Nicolette Krebitz plus Videokamera auf dem Booklet enthielt, sondern darüber hinaus eine bunte Sammlung an Songs, die zeigte, dass die Band die Vergangenheit hinter sich lassen und großartige Musik auch ganz ohne Keyboards zaubern konnte, wie z.B. die erste Single "Chrystal".

Aber war es nicht vielleicht auch gerade das, was die Band ausgezeichnet hat? Nicht umsonst wurden New Order als fiktive Paarung von Depeche Mode und The Smiths gesehen; gerade die größten Hits wie "Blue Monday" und "True Faith" zeichneten sich doch durch genau jene Synthie-Wände der 80er aus?! "Viele unsere Fans und Freunde haben uns mitgeteilt, dass sie die elektronischen Teile in unseren Songs sehr mögen und vermisst haben", so Bassist Peter Hook.

Und so klingt das aktuelle "Waiting For The Siren’s Call" indes auch wieder elektronischer, wie man schon an der großartigen, ersten Single "Krafty" hören konnte, die seit dem 21. März veröffentlicht ist. Typisch britisch hangelt der Song zwischen Melancholie und Hoffnung und spiegelt damit einmal mehr das Bittersüße am Leben wider. Klanglich wird das mit Drummachine und einer prägnanten Gitarre unterlegt, und genau hierin besteht der hervorstechendste Unterschied zwischen diesem und dem letzten Album: Dass sie sich klanglich, wenigstens zur Hälfte, wieder in die 80er begeben haben, dort das, was ihnen am besten gefiel, herausgepickt und mit den Elementen des neuen Jahrtausends verbunden haben. Fast schon wieder Joy Devision, aus der New Order ja hervorgegangen sind. Nur besser.

Kann sein, dass sie einfach zu ihren Wurzeln zurückkehren wollten. Kann aber auch sein, dass sich die Band im Jahr 2005 bewusst von dem absetzen will, was um sie herum geschieht. Vielleicht haben sie es einfach satt, von angesagten Rockbands wie Franz Ferdinand, Interpol und Co. als ihre Idole bezeichnet zu werden. Vielleicht hat ihnen dies, vielleicht aber auch das Beharren auf den Boden der Tatsachen dazu verholfen, einmal mehr über sich selbst hinauszuwachsen.

http://www1.ndr2.de/pages_std_lib/0,3325,OID1203242,00.html
 

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New Order: "Waiting for the Sirens' Call" bei der ARD
« Antwort #14 am: 08. April 2005, 16:12:36 »
Auferstanden aus den Ruinen von Joy Division wurden New Order zur prägenden Band der 80er Jahre. Jetzt fügen sie der 25-jährigen Bandgeschichte ein neues Kapitel hinzu.

Alles nimmt seinen Anfang bei einem prägenden Konzert der Sex Pistols am 4. Juni 1976. Es sind zwar nur 70 Leute da, doch von 65 davon wird man im Musikbusiness noch hören. Zum Beispiel Peter Hook und Bernard Sumner, die gemeinsam mit dem dürren, zornigen Punk Ian Curtis eine Band gründen. Als Schlagzeuger findet sich Stephen Morris. Die Band nennt sich Joy Division ("Freudenabteilung"), doch Wut und Trauer sind eher ihr Markenzeichen. Dunkle Dark Wave-Klänge kombiniert mit Curtis' tiefer und emotionaler Stimme schaffen depressive Klänge, die für eine ganze Epoche stilbildend sein sollen. Lange währt Joy Division jedoch nicht. Am 18. Mai 1980 erhängt sich Ian Curtis.

Auferstanden aus Ruinen

Trotz Schocks und großer Trauer ist für Sumner, Hook und Morris klar, dass es weiter gehen muss. Sie gründen New Order, doch brauchen eine Weile, um sich künstlerisch von Joy Division zu lösen, und einen eigenen Stil zu finden. Als sie soweit sind, schlagen sie ein wie eine Bombe: Beeinflusst von durchfeierten Nächten in New Yorker Clubs kombinieren sie als erste Band alternative Musik mit Tanzrhythmen und gründen den ersten Dance-Club Englands, die Hacienda. 1983 dann erscheint die Single, die New Order unsterblich macht, und bis heute die meistverkaufte Maxi ist: "Blue Monday".

Mythos "Blue Monday"

Es ist ein Mythos der Musikgeschichte, dass New Orders erfolgreichste Single sie beinahe ruiniert hätte: Und es ist auch richtig, dass die Verpackung von "Blue Monday" derart teuer war, dass durch die Originalversion nur wenig in die Kasse kommt. Neuaufnahmen und Tantiemen bringen aber letztendlich doch schwarze Zahlen. Der Startschuss für ein fulminantes Jahrzehnt: In den 80ern veröffentlichen New Order mehrere erfolgreiche Alben, der Erfolg gipfelt schließlich in der Fußball-Hymne für England für die Weltmeisterschaft 1990, "World in Motion". Drei Jahre nach diesem Erfolgs-Hit trennt sich die Band - und findet erst fünf Jahre später wieder zueinander.

Waiting for the Sirens' Call

Dass sie wieder dieselbe Wellenlänge gefunden haben, zeigt das neue Album, "Waiting for the Sirens' Call". Darauf beweisen New Order, dass sie immer noch drauf haben, wofür sie berühmt geworden sind: die gekonnte Verbindung von analogen Instrumenten und elektronischen Klängen. Nach dem gitarrenlastigen Comeback-Album "Get Ready" stehen nun wieder die Synthesizer im Mittelpunkt. "Krafty", die erste Single-Auskopplung, gehört, so die eigene Einschätzung der Band, zu den stärksten Momenten ihrer Karriere. Ob sie wirklich mit Super-Hits wie "Blue Monday" oder "World in Motion" mithalten kann, wird sich zeigen.

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