www.sparklingphotos.de - Joy Division! Auch fast 30 Jahre nach Auflösung der Band schnalzen Fans noch heute mit der Zunge wenn dieser Name fällt. Und vor allem dank "Control", Anton Corbijns überragenden Kinofilm über das Leben von Ian Curtis und seiner Band Joy Division, kommen auch jetzt immer noch neue Fans hinzu. Frontman Ian Curtis nahm sich im Mai 1980 das Leben und hinterlies breites Entsetzen bei seinen Fans- die Musikwelt hatte eine ihrer talentiertesten Bands verloren, die übrigen Mitglieder machten jedoch bekanntlich als New Order weiter und blieben erfolgreich. Kurze Zeit später begannen die 1978 von den Brüdern Lawrence und Vincent Cassidy gegründeten Section 25 auf dem in Manchester beheimateten Factory Label, bei dem auch Joy Division unter Vertrag waren, Schallplatten zu veröffentlichen. Auch sie hatten sich dem dunklen Gitarren-Wave verschrieben und Ian Curtis hatte sogar ihr 1981 veröffentlichtes Debütalbum "Always Now" noch mit produziert. Ebenfalls mit von der Partie war damals Joy Division Produzent Martin Hannett, der den Sound der Briten zunächst stark beeinflusste, bevor sie sich einige Jahre später, dem New Order Beispiel folgend, eher tanzbareren Rhythmen verschrieben, wozu natürlich auch die Produktion durch Bernard Sumner (New Order) beitrug. Ihre Historie endete zunächst mit ihrem vierten Studioalbum "Love & Hate" im Jahre 1988, bevor sich die Band fast 20 Jahre später reformierte und im letzten Jahr mit "Part-Primitiv" sogar ein neues Album veröffentlichte.
Auch nahm man die Live-Aktivitäten wieder auf und begann mit gemeinsamen Auftritten mit Peter Hook von New Order und gleichzeitig Gründungsmitglied von Joy Division. Die Kooperation schien einfach zu passen und so entschied man sich weiterhin gemeinsam aufzutreten und nach ein paar Auftritten in Großbritannien standen jetzt, Anfang November 2008, auch vier Konzerte auf dem europäischen Festland an. Der Krefelder Kulturfabrik war es dabei gelungen, das einzige Deutschlandkonzert der Engländer auszurichten. Da es mir auf Grund meiner zwar frühen, aber doch zu späten Geburt nicht möglich war, Joy Division jemals live spielen zu sehen, freute ich mich ganz besonders, als ich erfuhr, dass Section 25 und Peter Hook einen Set aus Section 25, New Order und Joy Division Hits spielen würden und es bei all den biographischen Parallelen, heute wohl kaum mehr möglich ist, näher an einem solchen Ereignis zu schnüffeln.
Überrascht hatte ich allerdings wenige Tage vor dem Auftritt vernommen, dass die Resonanz auf die Minitour selbst in einer europäischen Hauptstadt wie Paris zu wünschen übrig gelassen hatte und auch die Stimmung während des Auftritts nur mittelprächtig war. Dies lies mich für den Auftritt in dem vergleichsweise kleinen Krefeld zunächst Schlimmes erahnen, doch wurden die größten Befürchtungen zerstreut, als wir feststellten, dass das Konzert zumindest im großen Saal der Kufa stattfinden würde.
Im Vorprogramm trat Kevin Hewick auf, ein britischer Singer/Songwriter aus Leicester, der ebenfalls früher zum Artist Roster von Factory Records gehörte und schon damals u.a. mit Joy Division auf Tour war. Seine letzte Tour durch Deutschland bestritt er 2001 übrigens gemeinsam mit The Convent, dem Urprojekt von Carlo van Putten, Dead Guitars Sänger und Freund unseres Magazins. Kevin Hewick ist ein lustiger Zeitgenosse und so nutze er die Zeit zwischen seinen Songs stets für Anekdoten oder ließ sich über den ihm zur Verfügung gestellten (puren?) Orangensaft aus. Musikalisch ist durch das Stichwort "Singer/Songwriter" eigentlich fast alles gesagt, außer dass Kevins Musik natürlich auch einen wavigen Einschlag besitzt, so dass sein halbstündiger Auftritt gut ins Gesamtkonzept des Abends passte und die Zuschauer angemessen auf den Hauptact eingestimmt wurden.
Nach einer recht zügigen Umbaupause betraten dann Section 25 die Bühne, zunächst noch ohne ihren bekannten "Gastmusiker". Section 25 sind Larry Cassidy (Gesang), Vin Cassidy (Drums), Ian Butterworth (Gitarre), Roger Wikeley (Bass, Keyboards & Computer) und Stuart Hill (Computer). Larry wirkte zum Teil recht behäbig und statisch auf der Bühne, konnte aber gesanglich überzeugen. Seine Musiker legten ordentlich los und ihre wavigen Melodien gingen sofort ins Ohr. Im Gegensatz zu Kevin Hewick ist Larry am Mikrofon nicht so redselig und konzentrierte sich rein auf die Musik. Interessanterweise verzichteten Section 25 (SXXV) komplett auf ihre bekannteren Stücke wie "The Beast" oder "Looking From A Hilltop", bevor Peter Hook nach dem achten Song "Dirty Disco" die Bühne betrat und es von nun an Klassiker in Serie über die Anwesenden regnete. Peter Hook gehörte als Bassist zur Stammbesetzung von Joy Division und New Order, letztere verließ er erst im letzten Jahr. Sein Bassspiel trug insbesondere bei Joy Division zum markanten Sound bei und prägte ihn wie kaum ein anderes Instrument neben Ian Curtis' Gesang. Heute übernahm er von nun an die Bassarbeit und Roger Wikeley wich ans Keyboard aus.
Erster Song der heutigen Zusammenarbeit von SXXV und Hooky war Joy Divisions "No Love Lost". Peter zog natürlich gleich alle Blicke auf sich und jetzt ging endgültig ein Ruck durch das Publikum. Es wurde nun deutlich mehr mit den Füßen gewippt, mitgesungen und auch bisweilen getanzt, wenn der Sound es möglich machte. Dies war natürlich insbesondere bei den New Order Stücken der Fall. Section 25s Larry Cassidy sorgte weiterhin für den Gesang und wurde dabei zunächst nur sporadisch von Peter Hook unterstützt, der dem ganzen eine deutlich aggressivere Komponente verlieh. Dies umso stärker bei "Dreams Never End" und "Interzone", bei denen er die kompletten Vocals übernahm. Ausgelassen gefeiert wurde zwischendurch aber endgültig beim Joy Divison Überhit "Love Will Tear Us Apart", einem Evergreen bester Prägung. Hier kennt natürlich jeder der Anwesenden den Text und genoss die wohltuenden Zeilen dieses ungewöhnlichen Lovesongs. Die heute vorgestellte Version mit gemeinsamen Gesang von Larry und Peter gefiel mir gut, allerdings sorgten insbesondere Peters Vocals für eine vollkommen andere Stimmung als bei den bisher bekannten Aufnahmen und die Melancholie des Songs ging dabei etwas verloren. Sei es drum, es war toll den Song mal live zu hören und das von einem, der tatsächlich damals dabei war. Richtig gut wurde es danach bei "Shadowplay", einfach wunderbar! Letzter Song des Hauptteils war "Warsaw", dass aus Joy Divisions Anfangstagen stammt, in denen sie sich noch gleichnamig "Warsaw" nannten.
Lange ließ man sich aber nicht zu Zugaben bitten und die Section 25 Stammbesetzung betrat zunächst wieder alleine die Bühne der Kulturfabrik und präsentierte mit "Poppy Fields" einen Song, der sehr ungewöhnlich klang. Die schrägen Sounds gepaart mit Larrys Gesang sorgten für leichte Verstörung beim Publikum, die aber sofort wich, als Peter Hook und Kevin Hewick gemeinsam auf die Bühne kamen und nun alle teilnehmenden Musiker zum Abschluss New Orders "Doubts Even Here" anstimmten. Ein gelungenes Finale und das Ende eines denkwürdigen Ereignisses. Auch wenn es nicht bis ins letzte Detail "the real thing" war, so bleibt doch die Erkenntnis, einem einzigartigen Konzerterlebnis beigewohnt zu haben, von dem man sicher noch lange erzählen wird. Hut ab vor der Kufa, dass sie dies möglich machen konnte!
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